Wohn-Pflege-Gemeinschaften

Ambulant betreute Wohn-Pflege-Gemeinschaften bestehen aus einer wohnortnahen Versorgung in Kleingruppen. Die Wohngruppen werden für unterschiedliche Zielgruppen angeboten und haben aus diesem Grund verschiedene Konzepte. Menschen mit Pflegebedürftigkeit, mit Demenz oder mit Behinderungen leben hier in Wohngemeinschaften zusammen. Einerseits spielen Alltagsgewohnheiten, eine vertraute Umgebung und Selbstbestimmung eine große Rolle, andererseits gibt es eine gemeinschaftliche Versorgung. Die Versorgung besteht  aus einem Mix aus professioneller sowie ehrenamtlicher Hilfe und der Unterstützung durch Angehörige. 

Was sind die grundlegenden Prinzipien einer Wohn-Pflege-Gemeinschaft?

In einer ambulant betreuten Wohn-Pflege-Gemeinschaftt leben in der Regel 6 bis 8 und maximal bis zu 12 Personen in einer Wohnung oder einer geeigneten Immobilie zusammen. Sie werden von einem oder mehreren ambulanten Pflegediensten betreut.

Im Gegensatz zu einem Pflegeheim werden in ambulant betreuten Wohn-Pflege-Gemeinschaften Mietvertrag und Pflegevertrag getrennt voneinander geschlossen. Die Wohngemeinschaftsmitglieder oder Vertretungsberechtigten schließen mit ihrem Vermieter einen normalen Mietvertrag ab und zahlen Miete für ihren eigenen Wohnraum und anteilig für gemeinschaftlich genutzte Räume wie Wohnzimmer, Küche und Bäder. Die Mitglieder beauftragen allein oder als Auftraggebergemeinschaft einen oder mehrere Pflegedienste, die die Betreuung rund um die Uhr sicherstellen. Zieht man in eine bereits bestehende Wohngemeinschaft, ist die Auswahl des Pflegedienstes in der Regel bereits vorgenommen. Grundsätzlich ist die Wahl des Pflegedienstes jedoch jedem WG-Mitglied frei gestellt. Die Vermietung muss vertragsrechtlich vom ambulanten Pflegedienst getrennt sein.

Die WG-Mitglieder haben das Hausrecht bzw. die Schlüsselgewalt. Sie entscheiden, welcher Besuch empfangen und wer als neues Mitglied aufgenommen wird. Der Pflegedienst hat weder ein Büro noch ein Personalzimmer in der WG, sondern steuert die Pflege und ggf. Betreuung von seiner Zentrale aus.

In den zumeist trägerorganisierten WGs trägt in der Regel der ambulante Pflegedienst die Verantwortung. Selbstorganisierte Wohn-Pflege-Gemeinschaften haben meist einen Bevollmächtigten, der zum Beispiel von den Angehörigen bestimmt wird und Pflege, Haushaltshilfe und Aktivitäten koordiniert.

Die Verträge müssen unabhängig vom Mietvertrag mit angemessener Frist seitens der WG-Mitglieder kündbar sein.

Welche Rechte und Pflichten haben die Mitglieder einer Wohn-Pflege-Gemeinschaft?

Das Bundesland Berlin weißt mit dem Wohnteilhabegesetz als Voraussetzung für eine Wohngemeinschaft aus, dass die Bewohner bzw. ihre Angehörigen oder gesetzlichen Betreuer das Geschehen in der WG maßgeblich gestalten.

In den zumeist trägerorganisierten WGs trägt in der Regel der ambulante Pflegedienst die Verantwortung. Selbstorganisierte Wohngruppen haben meist einen Bevollmächtigten, der von den Angehörigen bestimmt wird und welcher Pflege, Haushaltshilfe und Aktivitäten koordiniert.

Die WG-Mitglieder leben als Mieter in der Wohn-Pflege-Gemeinschaft. Die Gemeinschaft bzw. jeder einzelne bestimmt ambulante Pflegedienste sowie die Art und den Umfang der Leistungen  selbst. Dazu gehört die Gestaltung ihres Lebensraums. Das beinhaltet auch Anschaffungen und Reparaturen.

Eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Mitgliedern bzw. gesetzlichen Vertretern definiert grundlegende Entscheidungen des Zusammenlebens wie die Auswahl neuer Mitglieder, Besuchsregelungen, Haushaltsgeld, Alltagsgestaltung und Anschaffungen. Diese Vereinbarungen sind für alle bindend. Eine regelmäßige Absprache und Zusammenkunft der Wohngemeinschaftsmitglieder ist daher notwendig. In der Regel haben Vermieter und Pflegedienst bei diesen Zusammenkünften kein Stimmrecht.

Das Konzept der Wohngemeinschaften sieht vor, das die Versorgung der Wohngemeinschaft durch die aktive Einbindung der individuell vorhandenen Ressourcen der Bewohner und ihres sozialen Umfelds beispielsweise durch alltägliche Abläufe wie Kochen, Abwaschen oder Einkaufen sichergestellt wird.

Die Angehörigen behalten ihre Verantwortung und geben lediglich den überwiegenden Teil der Pflege und sozialen Betreuung ab, üben aber auch hier die Kontrolle aus. Sie vertreten die Interessen der WG-Mitglieder, wenn diese sie aufgrund ihrer Einschränkungen nicht mehr selbst wahrnehmen können.

Finanzierung über Leistungskomplexe für Personen in den Pflegegraeden 1 bis 3

Menschen in den Pflegegraden 1-3 werden im Rahmen der individuell vertraglich vereinbarten Einzelleistungskomplexe versorgt. Eine Übersicht der aktuellen vereinbarten Vergütungen über Leistungskomplexe für ambulante Pflegedienste finden Sie auf der Homepage der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. Zusätzlich haben Pflegedienste die Möglichkeit neben den Pflegeleistungen Investitionskosten in Rechnung zu stellen. Diese betragen im Schnitt 2,5 Prozent der erbrachten Leistungen.

Finanzierung über Tagespauschalen für Personen in den Pflegegraden 4 bis 5

In Berliner Wohngemeinschaften werden für die Versorgung und Betreuung im Pflegegrad 4 und Pflegegrad 5 verbindliche Tagespauschalen durch den Pflegedienst in Rechnung gestellt. Diese Tagespauschale ist im Leistungskomplex 19 definiert und beträgt aktuell 182,95 Euro . Die monatlichen Kosten für Pflegeaufwendungen belaufen sich bei 30,5 Tagen somit auf 5.578 Euro. Der LK 19 beinhaltet die Leistungskomplexe 1-16 und 20.

Die aktuelle Tagespauschale finden Sie auf der Homepage der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. Zusätzlich haben Pflegedienste die Möglichkeit neben den Pflegeleistungen Investitionskosten in Rechnung zu stellen. Diese betragen im Schnitt 2,5 Prozent der erbrachten Leistungen.

Transparente Kostenaufschlüsselung

Alle Kosten, also Kosten vom Vermieter als auch vom Pflegedienst und anderen externen Dienstleistern sollten transparent und nachvollziehbar dargestellt und abgerechnet werden.

Seriöse Kosten für einen WG-Platz

Wenn Ihnen ein WG-Platz inklusive der pflegebedingten Leistungen für rund 2.000 Euro angeboten wird, kann diese Pflege und Betreuungsqualität nicht ausreichend sein! Seriöse Kosten liegen je nach Region und Pflegegrad zwischen 2.600 und 3.900 Euro.

Zusätzlicher Tages- oder Nachtpflege

Eine zusätzliche Tages- oder Nachtpflege wird bei Wohn-Pflege-WGs von Ihrer Pflegekasse oder Versicherung nur finanziell unterstützt wenn ein Gutachter festlegt hat, dass die Versorgung und Betreuung innerhalb der ambulant betreuten Wohngruppe nicht ausreicht. Bitten Sie in diesem Fall eine Pflegefachperson der WG über ein Attest nachzuweisen, dass diese zur Sicherstellung der Pflege erforderlich ist. Auch der Wohngruppenzuschlag kann in diesen Fällen parallel bezogen werden.

Falls beim Besuch der Tagespflege die Person mehr als 6 Stunden abwesend ist wird der halbe Tagessatz für Pflegeaufwendungen berechnet ( Leistungskomplex 19b).

Anschubfinanzierung zur Gründung von ambulant betreuten Wohngruppen

Ihre Pflegeversicherung beteiligt sich mit einer einmaligen Anschubfinanzierung von bis zu 2.500 Euro für die Gründung einer WG. Diese muss für die altersgerechte oder barrierearme Umgestaltung der Wohnung beantragt werden. Je Wohngemeinschaft ist die Gesamtförderung auf 10.000 Euro begrenzt. Zusätzlich können Sie Zuschüsse zu den sogenannten wohnumfeldverbessernden Maßnahmen beantragen.

Die Anforderungen für eine WG-Gründung sind komplex, da der Schutz von Menschen mit Pflege- und Betreuungsbedarf im Vordergrund steht. Im Gemeinsamen Rundschreiben zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des SGB XI vom 20.12.2022 finden Sie dazu mehr Informationen auf der Seite 341.

Was kostet eine Wohn-Pflege-Gemeinschaft im Vergleich zu einem Heim?

Folgende Kosten fallen pro Person und Monat in etwa an (2500-3950 Euro):

  • Für Wohnkosten je nach Region zwischen 250 und 600 Euro
  • Für Haushaltsführung wie beispielsweise Essenseinkäufe, Wäscheversorgung, Strom- und Telefonkosten, Reinigungsmittel und weiterer Haushaltsbedarf zwischen 250 und 350 Euro
  • Für Pflege und Betreuung abhängig vom Pflegegrad und Anzahl der Bewohner zwischen 2.000 und 3.000 Euro

Die Kosten für Pflege werden je nach Pflegegrad bis maximal zum Höchstbetrag über die ambulanten Sachleistungen von der Pflegeversicherung übernommen.

Kosten für Betreuungsleistungen können bei Erfüllung der Voraussetzungen über einen Wohngruppenzuschlag in Höhe von 214 Euro monatlich bezuschusst werden. Ab dem Pflegegrad 1 gibt es darüber hinaus einen Rechtsanspruch auf Betreuungs- und Entlastungsleistungen bis zu einer Höhe von 125 € monatlich, die über den ambulanten Pflegedienst oder externe Dienstleister erbracht werden können.

Die Gesamtkosten einer Wohngemeinschaft abzüglich der Aufwendungen, die Ihre Pflegekasse zahlt müssen demnach aus eigenem Einkommen und Vermögen erbracht werden.

Bei Bewohnern, deren Kosten weder durch Leistungen der Pflegeversicherung oder eigenen Rücklagen gedeckt werden prüft das Sozialamt Unterhaltsansprüche gegenüber Eltern, Ehepartnern und Kindern. Können alle Unterhaltspflichtigen für die Kosten dann nicht gemeinsam aufkommen, kann Hilfe zur Pflege durch das Sozialamt nach dem Sozialgesetzbuch XII beantragt werden.

Bewohner bis zum Pflegegrad 3 vereinbaren Pflegeleistungen individuell mit Ihrem ambulanten Pflegedienst. Sie werden über sogenannte Leistungskomplexe abgerechnet.

In Berliner Wohngemeinschaften werden für die Versorgung und Betreuung ab dem Pflegegrad 4 verbindliche Tagespauschalen durch den Pflegedienst in Rechnung gestellt. Diese Tagespauschale ist im Leistungskomplex 19 definiert und beträgt aktuell 129,80 Euro . Die monatlichen Pflegekosten würde sich bei 30 Tagen somit auf 3.894 Euro belaufen.

 

Gibt es Zuschläge für Wohn-Pflege-Gemeinschaften?

Die Bewohner und ihr Hilfenetzwerk sollen die Versorgung in Teilen gemeinsam organisieren. Dafür kann jeder Bewohner mit anerkannten Pflegegrad eine zusätzliche Förderung Ihrer Pflegekasse in Form des pauschalen Wohngruppenzuschlags von 214 Euro pro Monat erhalten.

Der Zuschlag ist wie das Pflegegeld zur eigenverantwortlichen Verwendung gedacht. Vor allem dient er dazu Aufwendungen für Pflegepersonen zu finanzieren, die beispielsweise verwaltende, betreuende oder hauswirtschaftliche Unterstützung leisten.

Anspruch auf den pauschalen Wohngruppenzuschlag von monatlich 214 Euro haben Antragsteller, wenn

  • sie mit mindestens zwei und höchstens elf weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung leben und davon mindestens zwei weitere Personen einen anerkannten Pflegegrad haben
  • entweder ambulante Sachleistungen, Pflegegeld, Kombinationsleistungen oder Angebote zur Unterstützung im Alltag und/oder der Entlastungsbetrag in Anspruch genommen wird. Auch Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 haben einen Anspruch.
  • In Ihrer Wohngruppe mindestens eine Person unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemein organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten ausübt oder bei der Haushaltsführung unterstützt. Diese muss keine ausgebildete Pflegefachkraft sein.
  • Die ambulanten Leistungen, die der Anbieter Ihrer WG oder ein Dritter für die Bewohner erbringt nicht den Umfang einer stationären (Voll-)Versorgung erreicht. Die Situation muss mit einer häuslichen Pflege vergleichbar sein.

Um die Voraussetzungen für einen Zuschuss zur Pflege-WG zu prüfen fordert Ihre Pflegekasse bzw. Ihr Versicherungsunternehmen in der Regel Unterlagen:

  • eine formlose Bestätigung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der Wohngruppe erfüllt sind
  • die Adresse und das Gründungsdatum der Wohngruppe
  • den Mietvertrag einschließlich eines Grundrisses der Wohnung und den Pflegevertrag nach § 120 SGB XI
  • Vorname, Name, Anschrift und Telefonnummer sowie Unterschrift der Präsenzkräfte
  • Liste mit den vereinbarten Aufgaben der Präsenzkräfte

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