Verhinderungspflege
§ 39 SGB XI
Mit der Verhinderungspflege finanzieren Sie eine Pflegevertretung in der häuslichen Pflege. Wenn Sie als Pflegeperson bei Ihrer Kasse benannt und aufgrund von Urlaub, Krankheit oder sonstigen Gründen verhindert sind bzw. vorübergehend ausfallen und eine Auszeit benötigen haben Sie über die Verhinderungspflege einen Rechtsanspruch auf eine Pflegevertretung bis zu 6 Wochen (42Tage) und bis zu einem Gesamtbetrag von bis zu 1.612 Euro im Kalenderjahr. Sie wird auch Ersatzpflege oder Urlaubspflege genannt.
Die Gründe der Verhinderung können vielfältig sein, denn neben einer akuten Erkrankung haben Sie generell Anspruch auf ausreichende Erholungszeiträume. Es gibt für Sie keine Nachweißpflicht aus welchen Gründen Sie Auszeiten benötigen. Neben der tageweisen Pflegevertretung sieht der Gesetzgeber auch eine stundenweise Ersatzpflege vor.
Häufige Fragen zur Verhinderungspflege
Welche Voraussetzungen gelten für die Inanspruchnahme der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI?
Eine Voraussetzung ist, dass der Pflegebedürftige zum Zeitpunkt der Verhinderung mindestens in Pflegegrad 2 eingestuft ist und zu einem Teil Pflegegeld bezieht. Ferner müssen Pflegepersonen bei der Kasse benannt sein. Wenn Sie oder eine weitere Person als Pflegeperson bei Ihrer Kasse benannt und aufgrund von Urlaub, Krankheit oder sonstigen Gründen verhindert sind bzw. vorübergehend ausfallen und eine Auszeit zur Entlastung benötigen gibt es über die Verhinderungspflege einen Rechtsanspruch auf eine Pflegevertretung.
Bei der Kasse anerkannte Pflegepersonen sind diejenigen, die den Betroffenen nicht erwerbsmäßig in der Häuslichkeit pflegen. Erwerbsmäßige Leistungen erbringen Pflegekräfte ambulanter Pflegedienste, Pflegekräfte mit einem Vertrag mit der Pflegekasse oder Pflegekräfte ambulant betreuter Wohngruppen. Sie gelten daher nicht als an der Pflege gehinderte Pflegepersonen.
Wenn bei der Erstbegutachtung keine Pflegeperson wie Angehörige, Lebenspartner oder Nachbarn benannt wurden kann dies auch nachträglich geschehen. Auch Änderungen oder zusätzliche Pflegepersonen können der Pflegekasse nachträglich bekannt gegeben werden. Im Falle einer Verhinderung dieser Pflegeperson(en) kann somit die Vergütung einer anderen Person mit dem Betrag der Verhinderungspflege über die Kasse erfolgen.
Der Anspruch besteht ferner nur dann, wenn die pflegebedürftige Person für mindesten sechs Monate in ihrer häuslichen Umgebung unterstützt wurde. Diese sechs Monate müssen allerdings nicht am Stück und von derselben Pflegeperson geleistet worden sein. Die Pausen dazwischen sollten nicht länger als 4 Wochen betragen. Zu den sechs Monaten zählen auch Pflegezeiten vor der Antragstellung auf eine Pflegegrad. Ihr Hausarzt kann Ihnen Zeiten Ihrer Pflege für die Kasse schriftlich bestätigen.
Durch welche Personen und an welchen Orten kann die Verhinderungspflege stattfinden?
Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen einer erwerbsmäßigen und einer nicht erwerbsmäßigen Verhinderungspflege. Bei der Kasse anerkannte Pflegepersonen sind diejenigen, die den Betroffenen nicht erwerbsmäßig in der Häuslichkeit pflegen. Häufig sind das Ehepartner, Lebenspartener, Nachbarn, Freunde oder Bekannte. Als erwerbsmäßige Personen gelten Pflegekräfte ambulanter Pflegedienste, Pflegekräfte mit einem Vertrag mit der Pflegekasse oder Pflegekräfte ambulant betreuter Wohngruppen. Sie gelten daher nicht als an der Pflege gehinderte Pflegepersonen und haben demnach auch keinen Anspruch auf eine Ersatzpflegeperson. Die Ersatzpflege für eine anerkannte Pflegeperson (Ehepartner, Lebenspartener, Nachbarn, Freunde oder Bekannte) kann also durch einen ambulanten Pflegedienst, Angehörige oder ehrenamtlich Pflegende erfolgen.
Tipp: Verhinderungspflege am Urlaubsort abrechnen
Leistungen der Verhinderungspflege können Sie nach einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 20.04.2016 mit dem Aktenzeichen: B 3 P 4 /14 R auch am Urlaubsort, egal ob im Inland oder im Ausland, abrechnen. Nach dem Urteil ist es zudem unerheblich, ob die Ersatzpflegeperson gemeinsam an den Zielort gereist ist oder ob sie sich vor Ort befindet.
Durch welche Personen und an welchen Orten kann die Verhinderungspflege stattfinden?
Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen einer erwerbsmäßigen und einer nicht erwerbsmäßigen Verhinderungspflege. Bei der Kasse anerkannte Pflegepersonen sind diejenigen, die den Betroffenen nicht erwerbsmäßig in der Häuslichkeit pflegen. Häufig sind das Ehepartner, Lebenspartener, Nachbarn, Freunde oder Bekannte. Als erwerbsmäßige Personen gelten Pflegekräfte ambulanter Pflegedienste, Pflegekräfte mit einem Vertrag mit der Pflegekasse oder Pflegekräfte ambulant betreuter Wohngruppen. Sie gelten daher nicht als an der Pflege gehinderte Pflegepersonen und haben demnach auch keinen Anspruch auf eine Ersatzpflegeperson. Die Ersatzpflege für eine anerkannte Pflegeperson (Ehepartner, Lebenspartener, Nachbarn, Freunde oder Bekannte) kann also durch einen ambulanten Pflegedienst, Angehörige oder ehrenamtlich Pflegende erfolgen.
Bin ich im Sinne der Pflegeversicherung ein pflegender Angehöriger?
Wir möchten so lange es geht selbstbestimmt leben und bis ins hohe Alter agil bleiben, körperlich und geistig. Die meisten möchten nicht in ein Pflegeheim. Wenn Hilfe und Unterstützung notwendig wird springen in der Regel Angehörigen für eine private Pflege zu Hause ein.
Zu den pflegenden Angehörigen im Sinne der Pflegeversicherung werden nicht nur Eltern, Kinder, Geschwister, Enkel, Tanten und Onkel usw. gezählt. Auch Freunde, Nachbarn oder Bekannte werden dazu gezählt. Im Rahmen der Begutachtung muss der Gutacher des MDK oder bei privat Versicherten MEDICPROOF auch den Aufwand der pflegenden Angehörigen, Freunde und Bekannten aufnehmen, um diesen Leistungen der Pflegeversicherung wie Rentenversicherungsbeiträge zu ermöglichen.
Die Voraussetzungen für die Anerkennung als Pflegeperson:
- Die Pflege muss mindestens 10 Stunden wöchentlich verteilt auf mindestens zwei Tage betragen, wobei hier auch die Pflege von mehreren Personen zusammengefasst werden kann. Pflegen mehrere Personen den Betroffenen, klären Sie im Vorfeld untereinander, welche Zeiten von wem der Kasse gemeldet werden.
- Die Personen dürfen den Betroffenen nicht erwerbsmäßig (ohne Bezahlung) in der Häuslichkeit pflegen
- Die pflegebedürftige Person muss einen Pflegegrad 2 bis 5 haben.
- Die Pflege muss im häuslichen Umfeld erfolgen: Dies kann sowohl beim Pflegebedürftigen, bei der Pflegeperson oder auch in einem Betreuten Wohnen stattfinden.
Bevor Sie eine Pflege übernehmen, sollten Sie prüfen, ob überhaupt die Möglichkeit dazu besteht.
Erwerbsmäßige Leistungen erbringen Pflegekräfte ambulanter Pflegedienste, Pflegekräfte mit einem Vertrag mit der Pflegekasse oder Pflegekräfte ambulant betreuter Wohngruppen. Sie gelten daher nicht als durch die Kassen anerkannte Pflegepersonen.
Wenn bei der Erstbegutachtung keine Pflegeperson wie Angehörige, Lebenspartner oder Nachbarn benannt wurden kann dies auch nachträglich geschehen. Auch Änderungen oder zusätzliche Pflegepersonen können der Pflegekasse nachträglich bekannt gegeben werden.
Wie wird die tageweise Verhinderungspflege durch eine nahe Verwandte bis zum 2.Grad berechnet?
Annemarie Lewald hat den Pflegegrad 3 und bezieht 30% Pflegegeld und 70% Pflegesachleistungen (sogenannte Kominationsleistung) über einen Pflegedienst.
Ihr Sohn Hans, als Pflegeperson bei Ihrer Kasse benannt, ist für 14 Tage zu einer Reha- und Vorsorgekur. Anschließend fliegt er weitere 28 Tage in die USA um seinen Halbbruder zu besuchen. Er ist insgesamt für 42 Tage verhindert. Die Schwiegermutter Petra, verwandt bis zum 2.Grad, springt in dieser Zeit als Ersatzpflegeperson für 2 Stunden täglich ein (insg. also 84 Stunden). Es kommt dadurch zu einer Anrechnung auf die Höchstdauer von maximal 42 Tagen im Jahr, da Hans mehr als 8 Stunden täglich verhindert ist. Es bleiben damit keine Tage des Jahres für eine Verhinderungspflege mehr übrig, da der Höchstanspruch von 42 Tagen pro Kalendejahr abgegolten wurde.
Die Schwiegermutter Petra pflegt Annemarie an 42 Tagen insg. 84 Stunden. Sie erhält dafür eine Aufwandsentschädigung von 9 Euro pro Stunde. Insgesamt wird sie mit 956 Euro entschädigt (= 42Tage x 2 Stunden x 9 Euro). Der Rechtsanspruch auf das Jahresbudget der Verhinderungspflege im Pflegegrad 3 von 817,50 Euro wird voll ausgeschöpft und über einen unterschriebenen Nachweiß bei der Kasse geltend gemacht. Die Kasse erstattet anschließend den Höchstbetrag von 817,50 Euro. Daher muss Annemarie den Restbetrag von 138,50 Euro privat zahlen.
Zudem wird Annemaries Pflegegeld an 40 der 42 Tagen um 50% gekürzt (30% von 100% des Pflegegeldes im Pflegegrad 3 (545 Euro) bei Bezug der Kombinationsleistung = 163,50 Euro pro Monat : 30 Tage =5,45 Euro pro Tag, 50% davon = 2,72 Euro pro Tag x 40 Tage = 108,08 Euro). Am ersten und letzten Tag zahlt Ihnen die Kasse 100% des Pflegegeldes ( 2 Tage x 5,45 Euro = 10,90 Euro). Über die 42 Tage zusammen-gerechnet erhält Annemarie 118,98 Euro Pflegegeld ( = 108,08 Euro + 10,90 Euro). Sie müsste Ihrer Schwiegermutter Petra am Ende 30,42 Euro pro Monat aus eigener Tasche privat honorieren ( = 138,50 Euro – 108,08 Euro). Danach wird das Pflegegeld wieder in voller Höhe gezahlt.
Macht es einen Unterschied, wer als Ersatzpflegeperson einspringt und wie lange die Pflegeperson tatsächlich verhindert ist?
Entfernte Verwandte 3. Grades, Bekannte, Nachbarn oder andere Pflegepersonen erhalten den vollen Betrag der Verhinderungspflege von maximal 1.612 Euro und für maximal 6 Wochen (42 Tage) pro Kalenderjahr. Auch Erwerbsmäßig tätige Pflegeperson, z.B. Alltagsbegleiter, Nachbarschaftshelfer oder Mitarbeiter/innen von Ambulanten Betreuungs- oder Pflegediensten können die Verhinderungspflege erbringen und mit den Pflegekassen auf Ihren Wunsch hin in voller Höhe direkt mit der Kasse abrechnen.
Verwandte und Verschwägerte des Pflegebedürftigen bis zum 2. Grad oder Personen, die mit dem Pflegebedürftigen in häuslicher Gemeinschaft leben erhalten durch die Pflegekasse lediglich den 1,5 fachen Betrag des Pflegegeldes!
Vergleich des Jahresbudgets zwischen einem nahen Verwandschaftsverhältnisbis bis zum 2.Grad und entfernten Verwandten
Pflegebedürftigkeit in Graden | Verhinderungspflege durch nahe Verwandte bis zum 2.Grad |
Verhinderungspflege durch entfernte Verwandte 3.Grades |
Pflegegrad 1 | – | – |
Pflegegrad 2 | 474 Euro/Jahr (1,5-Faches von 316) | 1.612 Euro/Jahr |
Pflegegrad 3 | 817,50 Euro/Jahr (1,5-Faches von 545) | 1.612 Euro/Jahr |
Pflegegrad 4 | 1.092 Euro/Jahr (1,5-Faches von 728) | 1.612 Euro/Jahr |
Pflegegrad 5 | 1.351,50 Euro/Jahr (1,5-Faches von 901) | 1.612 Euro/Jahr |
Tipp: Pflegepersonen der Kasse nachträglich melden
Wenn bei der Erstbegutachtung keine Pflegeperson wie Angehörige, Lebenspartner oder Nachbarn benannt wurden kann dies auch nachträglich geschehen. Auch Änderungen oder zusätzliche Pflegepersonen können der Pflegekasse nachträglich bekannt gegeben werden. Im Falle einer Verhinderung dieser Pflegeperson(en) kann somit die Vergütung einer anderen Person mit dem Betrag der Verhinderungspflege über die Kasse erfolgen. Ihr Hausarzt kann Ihnen Zeiten Ihrer Pflege für die Kasse schriftlich bestätigen.
Wer sind Verwandte und Verschwägerte des Pflegebedürftigen bis zum 2. Grad?
Verwandte | Verschwägerte |
|
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Tipp: Erhöhung des Verhinderungspflegebudgets durch 50% des Kurzzeitpflegebudgets § 42 SGB XI
Falls Sie eine längere Auszeit benötigen und zudem feststeht, das der Betroffene keine vollstationäre Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen muss, können maximal 806,-€ aus noch nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI auf insgesamt bis zu 2.418,-€ pro Kalenderjahr erhöht werden.
Tipp: Rückwirkende Erstattung von Aufwendungen für eine Ersatzpflege
Sollten Sie in den vergangenen vier Jahren Aufwendungen für eine Ersatzpflege bezahlt haben können Sie diese rückwirkend bis zu dem maximalen Betrag der Verhinderungspflege pro Jahr bei ihrer Pflegeversicherung oder Pflegekasse geltend machen. Achten Sie aber darauf, das Sie dadurch auch mit einer nachträglichen Kürzung ihres Pflegegeldes rechnen müssen. Davon abweichend besteht keine Rückforderung ihres Pflegegeldes wenn ihre Ersatzpflege stundenweise von täglich weniger als 8 Stunden erfolgte. Bei Anspruch auf Beihilfe bestehen zum Teil unterschiedliche Fristen. In der Regel gilt eine Frist von 1 Jahr um Erstattungen über Aufwendungen zu erhalten. Sollten Sie also rückwirkend Aufwendungen für Leistungen der Verhinderungspflege beanspruchen klären Sie im vorhinein die Modalitäten mit Ihrer Beihilfestelle.
Macht es einen Unterschied, wer als Ersatzpflegeperson einspringt und wie lange die Pflegeperson tatsächlich verhindert ist?
Entfernte Verwandte 3. Grades, Bekannte, Nachbarn oder andere Pflegepersonen erhalten den vollen Betrag der Verhinderungspflege von maximal 1.612 Euro und für maximal 6 Wochen (42 Tage) pro Kalenderjahr. Auch Erwerbsmäßig tätige Pflegeperson, z.B. Alltagsbegleiter, Nachbarschaftshelfer oder Mitarbeiter/innen von Ambulanten Betreuungs- oder Pflegediensten können die Verhinderungspflege erbringen und mit den Pflegekassen auf Ihren Wunsch hin in voller Höhe direkt mit der Kasse abrechnen.
Verwandte und Verschwägerte des Pflegebedürftigen bis zum 2. Grad oder Personen, die mit dem Pflegebedürftigen in häuslicher Gemeinschaft leben erhalten durch die Pflegekasse lediglich den 1,5 fachen Betrag des Pflegegeldes!
Stundenweise Verhinderungspflege:
Falls Sie bei der Pflegekasse als anerkannte Pflegeperson benannt wurden und weniger als 8 Stunden am Stück verhindert sind, haben Sie bzw. der Pflegebedürftige Anspruch auf Fortzahlung von 100 % Ihres Pflegegeldes. Ein weiterer Vorteil besteht darin, das es dabei keine Anrechnung auf die Höchstdauer von maximal 6 Wochen (42 Tagen) pro Jahr kommt. Das bedeutet, das Sie ohne Abzüge bei Ihrem Pflegegeld über einen längeren Zeitraum als 42 Tage im Jahr Entlastung erhalten können.
Entscheidend bei dieser Regelung ist der tatsächliche Verhinderungszeitraum der Pflegeperson und nicht die Dauer der Verhinderungspflege durch die Ersatzpflegeperson!
Tagesweise Verhinderungspflege:
Falls Sie bei der Pflegekasse als anerkannte Pflegeperson benannt wurden und mehr als 8 Stunden am Stück verhindert sind, haben Sie bzw. der Pflegebedürftige Anspruch auf Fortzahlung von 50% Ihres Pflegegeldes. Zudem werden die Tage auf die Höchstdauer von maximal 6 Wochen (42 Tagen) pro Jahr angerechnet.
Wie wird die stundenweise Verhinderungs-pflege durch eine entfernete Verwandte 3.Grades berechnet?
Annemarie Lewald hat den Pflegegrad 3 und bezieht 30% Pflegegeld und 70% Pflegesachleistungen (sogenannte Kominationsleistung) über einen Pflegedienst. Ihr Sohn Hans, als Pflegeperson bei Ihrer Kasse benannt, braucht Entlastung von der Pflege seiner Mutter. Er besucht regelmäßig Montags von 17 – 19:30 Uhr den Gemeindechor. In dieser Zeit springt die Schester von Annemaries Schwiegermutter Heidi, eine entfernte Verwandte 3.Grades, für Hans als Ersatzpflegeperson ein.
Da der Sohn von Annemarie weniger als 8 Stunden am Stück täglich verhindert ist erfolgt keine Anrechnung auf die Höchstdauer von maximal 42 Tagen im Jahr. Zudem kann anstatt des 1,5- fachen des Pflegegeldes im entsprechenden Pflegegrad bei Ersatzpflegepersonen bis zu 2.Grad, das gesamte Jahresbudget von 1.612 Euro für die Ersatzpflegeperson in Anspruch genommen werden, da Heidi eine entfernte Verwandte 3.Grades ist. Auch Annemaries Pflegegeld wird durch den Status Heidis als entfernte Verwandte nicht um 50% gekürzt:
Ein Antrag auf die Verhinderungspflege wird nicht zwingend vorausgesetzt
Manchmal muss es schnell gehen, da eine Pflegeperson akut erkrankt ist. Obwohl ein Antrag keine Bedingung für die Gewährung der Verhinderungspflege ist, und Sie die Leistung mit der Einreichung der Rechnung nachträglich beantragen können, sollte schnellstmöglich ein Fax mit einem Antrag abgeschickt werden. So lassen sich von vornherein Missverständnisse mit der Pflegeversicherung entgegenwirken. Lassen Sie sich mit Ihrer Kasse in gar keinem Fall auf Diskussionen über Gründe der Verhinderung ein, denn neben einer akuten Erkrankung haben Sie generell Anspruch auf ausreichend Erholungszeiträume. Es gibt für Sie keine Nachweißpflicht aus welchen Gründen Sie Auszeiten benötigen.
Wie wird die stundenweise Verhinderungspflege durch eine entfernete Verwandte 3.Grades berechnet?
Annemarie Lewald hat den Pflegegrad 3 und bezieht 30% Pflegegeld und 70% Pflegesachleistungen (sogenannte Kominationsleistung) über einen Pflegedienst. Ihr Sohn Hans, als Pflegeperson bei Ihrer Kasse benannt, braucht Entlastung von der Pflege seiner Mutter. Er besucht regelmäßig Montags von 17 – 19:30 Uhr den Gemeindechor. In dieser Zeit springt die Schester von Annemaries Schwiegermutter Heidi, eine entfernte Verwandte 3.Grades, für Hans als Ersatzpflegeperson ein.
Da der Sohn von Annemarie weniger als 8 Stunden am Stück täglich verhindert ist erfolgt keine Anrechnung auf die Höchstdauer von maximal 42 Tagen im Jahr. Zudem kann anstatt des 1,5- fachen des Pflegegeldes im entsprechenden Pflegegrad bei Ersatzpflegepersonen bis zu 2.Grad, das gesamte Jahresbudget von 1.612 Euro für die Ersatzpflegeperson in Anspruch genommen werden, da Heidi eine entfernte Verwandte 3.Grades ist. Auch Annemaries Pflegegeld wird durch den Status Heidis als entfernte Verwandte nicht um 50% gekürzt:
Heidi erhält dafür eine Aufwandsentschädigung von 15 Euro pro Stunde. Annemarie und Hans überschlagen wie viele Stunden Heidi über den maximalen Betrag der Verhinderungspflege von 1.612 Euro pro Jahr ausbezahlt werden kann (1.612 Euro : 15 Euro pro Stunde Aufwandsentschädigung für Petra = 107,5 Stunden pro Jahr (52 Wochen). 107,5 Stunden pro Jahr : 52 Wochen (1 Jahr) = 2 Stunden pro Woche über das gesamte Jahr gerechnet).
Frau Lewald entscheidet sich die restliche halbe Stunde privat zu zahlen. Pro Monat zahlt Annemarie dadurch 30 Euro als eine Art Aufwandsentschädigung für ihre Schwiegermutter Petra ( 52 Wochen/1 Jahr x 7,50 Euro pro (1⁄2 -Stunde) = 390 Euro im Jahr oder 30 Euro im Monat).
Da der Sohn weniger als 8 Stunden am Stück verhindert ist hat Annemarie Anspruch auf Fortzahlung von 100 % Ihres Pflegegeldes (30% von 100% des Pflegegeldes im Pflegegrad 3/545 Euro bei Bezug der Kombinationsleistung = 163,50 Euro pro Monat). Nach Abzug für die Aufwandsentschädigung für die Schester der Schwiegermutter (Heidi) bleibt Annemarie ein Pflegegeld von 133,50 Euro pro Monat. Damit kann Sie andere Hilfen finanzieren.
Ein weiterer Vorteil besteht darin, das es dabei keine Anrechnung auf die Höchstdauer von 42 Tagen pro Jahr kommt. Das bedeutet, das Sie ohne Abzüge bei Ihrem Pflegegeld über einen längeren Zeitraum als 42 Tage im Jahr stundenweise Unterstützung erhalten kann.
Alternativ könnte Frau Lewald auch maximal 50 % ihres Kurzzeitpflege-betrages zur Aufstockung der Ersatzpflege umwandeln. Es stünden damit 2.418 Euro pro Jahr zur Finanzierung der Ersatzpflege zur Verfügung.
Pflegehilfsmittel
Wenn eine Pflegebedürftigkeit über die Zuerkennung eines Pflegegrades festgestellt wurde, zahlt Ihre Pflegekasse die zur Erleichterung der Pflege erforderlichen Pflegehilfsmittel. Bei Pflegehilfsmitteln handelt es sich um Geräte und Sachmittel, die körperliche Beeinträchtigungen ausgleichen, lindern oder eine selbstständigere Lebensführung in der häuslichen Pflege ermöglichen. Häufig erleichtern diese Produkte die Pflege sowohl für den Betroffenen als auch für die Pflegepersonen.
Ein Rollstuhl beispielsweise hilft dem Betroffenen direkt für eine eigenständige Fortbewegung, gleichzeitig kann er aber auch einer Pflegeperson dazu dienen, den Betroffenen leicht von A nach B zu befördern um eine würdevolle Pflege zu ermöglichen.
Kurzzeitpflege
Bei der häuslichen Pflege können bei der Bewältigung in Krisensituation, also wenn Sie oder andere betreuende Personen ausfallen oder beim Übergang im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt die Wohnung noch Umbaumaßnahmen erfordern oder noch kein Heimplatz gefunden wurde Leistungen der Kurzzeitpflege in Anspruch genommen werden. Bis zu acht Wochen und bis zu einem Gesamtbetrag von 1.612 € stehen Ihnen die Kostenübernahme für Aufwendungen der Pflege, sozialen Betreuung und medizinischen Behandlungspflege in einer anerkannten Einrichtung pro Jahr zu. Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investition werden Ihnen wie bei der tages- und Nachtpflege privat in Rechnung gestellt.
Verhinderungspflege
Wenn Sie als Pflegeperson bei Ihrer Kasse benannt und aufgrund von Urlaub, Krankheit oder sonstigen Gründen verhindert sind bzw. vorübergehend ausfallen und eine Auszeit zur Entlastung benötigen gibt es über die Verhinderungspflege bis zu 6 Wochen (42 Tage) und bis zu einem Gesamtbetrag von bis zu 1.612 Euro pro Kalenderjahr einen Rechtsanspruch auf eine Pflegevertretung. Sie wird auch Ersatzpflege oder Urlaubspflege genannt.
Der Anspruch besteht nur dann, wenn die pflegebedürftige Person für mindestens sechs Monate in ihrer häuslichen Umgebung unterstützt wurde. Diese sechs Monate müssen allerdings nicht am Stück und von derselben Pflegeperson geleistet worden sein. Die Pausen dazwischen sollten nicht länger als 4 Wochen betragen. Zu den sechs Monaten zählen auch Pflegezeiten vor dem Antrag eines Pflegegrads. Voraussetzung ist zudem, dass der Pflegebedürftige zum Zeitpunkt der Verhinderung mindestens in Pflegegrad 2 eingestuft ist.
Entlastungsbetrag
Alle Pflegebedürftigen mit anerkanntem Pflegegrad bei denen die Pflege in der Häuslichkeit stattfindet, haben einen Anspruch auf den Entlastungsbetrag, also bis zu 125 Euro monatlich und auf das Jahr gerechnet 1.500 Euro.
Wird der Leistungsbetrag für ambulante Pflegesachleistungen nicht oder nicht voll ausgeschöpft, kann der nicht verbrauchte Betrag auch für Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag verwendet werden. Auf diese Weise können maximal 40 Prozent des jeweiligen ambulanten Sachleistungsbetrags umgewandelt werden.
Darüber hinaus kann auch der Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 Euro im Monat für Leistungen ambulanter Pflegedienste eingesetzt werden, um Unterstützung zu erhalten. In den Pflegegraden 2 bis 5 darf der Entlastungsbetrag jedoch nicht für Leistungen im Bereich der körperbezogenen Selbstversorgung genutzt werden, also zum Beispiel für die Unterstützung beim morgendlichen Waschen. Hierfür stehen vielmehr die oben genannten Sachleistungen zur Verfügung. In Pflegegrad 1 hingegen darf der Entlastungsbetrag auch für Leistungen ambulanter Pflegedienste im Bereich der Selbstversorgung verwendet werden.
Wohnraumanpassungen
Über 70 Prozent aller betreuungs- und pflegebedürftigen Menschen werden in ihrer Häuslichkeit meist durch Angehörige privat gepflegt und an zweiter Stelle erst von ambulanten Pflegediensten.
Viele Betroffene selbst und besonders ihre Angehörigen brauchen dafür Entlastung und Unterstützung um selbstständiger und selbstbestimmter durch den Alltag gehen zu können. Für die Gesunderhaltung und eine langfristige Hilfe ist eine Unterstützung nahezu unumgänglich.
Grundsätzlich haben alle Versicherten mit anerkanntem Pflegegrad neben technischen Hilfsmitteln wie Pflegebetten oder Rollstühlen Anspruch auf finanzielle Unterstützung für Umbaumaßnahmen.
Tages- und Nachtpflege
Gerade dann, wenn die Hauptpflegeperson die Pflege nicht in ausreichendem Umfang leisten kann, z.B. bei einer Zunahme der Pflegebedürftigkeit oder zwingender stundenweisen Beaufsichtigung hilft diese Form der Entlastung besonders. Bei der häuslichen Pflege gilt es auch darum die Vereinbarkeit Ihrer Berufstätigkeit mit Ihrem Pflegealltag zu unterstützen. Voraussetzung ist, das die betreffende Person transportfähig, nicht bettlägerig, sowie die Versorgung in der eigenen Häuslichkeit während der Nacht, am Morgen, am Abend und am Wochenende sichergestellt ist.
Weiterführende Themen
Pflege Im Heim
Sogenannte Pflege-Wohngemeinschaften, die auch als Wohn-Pflege-Gemeinschaften oder als ambulant betreute Wohngruppen bezeichnet werden, haben sich als alternative Wohn- und Versorgungsform neben Pflegeheimen entwickelt. Welche Vorteile ein gutes Pflegeheim hat und was die Pflegekasse zahlt lesen Sie hier.
Pflege In Wohngemeinschaften
Sogenannte Pflege-Wohngemeinschaften, die auch als Wohn-Pflege-Gemeinschaften oder als ambulant betreute Wohngruppen bezeichnet werden, haben sich als alternative Wohn- und Versorgungsform neben Pflegeheimen entwickelt. Was Sie hierbei zu beachten haben und was die Pflegekasse zahlt lesen Sie hier.
Pflegende Angehörige
Seit 2009 bietet die Pflegeversicherung bei bestimmten Lebenssituationen in Fällen einer besonders komplexen Pflegesituation, bei der die Anliegen auf Seiten der Betroffenen nicht eigenständig gelöst werden können, einen Rechtsanspruch auf Care und Casemanagement innerhalb einer Pflegeberatung nach § 7a SGB XI.