Pflegebedürftigkeit

Bei Pflegebedürftigkeit besteht ein Anspruch auf Leistungen der Pflegekasse oder des privaten Versicherungsunternehmens, wenn mindestens zwei Jahre Vorversicherungszeiten erfüllt und voraussichtlich mindestens sechs Monate pflegerische Unterstützung benötigt werden.

Die Feststellung der Pflegebedürftigkeit erfolgt durch eine Begutachtung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) oder durch MEDICPROOF bei privat Versicherten.

Pflegebedürftigkeit

Es kann manchmal ganz schnell gehen. Durch einen Unfall, eine Operation oder Erkrankung wird man selbst, jemand aus dem engen Verwandtenkreis wie die Eltern oder dem persönlichen Umfeld plötzlich pflegebedürftig. Der Prozess des Alterns beginnt mit der Geburt und begleitet uns ein Leben lang. Dieser stetige Veränderungsprozess führt mitunter erst schleichend und im höheren Alter zu Veränderungen, die irgendwann in eine Hilfe- oder Pflegesituation münden.

Die Pflegeversicherung ist die jüngste Pflichtversicherung des Sozialsystems. Sie existiert erst seit 1995. Eine Absicherung im Falle einer Pflegebedürftigkeit durch die Pflegeversicherung beschränkt sich bisher auf einer Teilfinanzierung. Sie übernimmt also nicht wie die Krankenversicherung nahezu die Gesamtkosten der pflegebedingten Aufwendungen. Die Versicherten Pflegebedürftigen und Angehörigen tragen die restlichen Pflegekosten entweder selbst oder werden durch die sogenannte „Hilfe zur Pflege“ als Leistung der Sozialhilfe ergänzend unterstützt.

Wie definiert das Sozialgesetz eine Pflegebedürftigkeit nach § 14 Absatz 1 SGB XI

Im Sinne des § 14 Absatz 1 sind Personen pflegebedürftig: 

„(1) Die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.“

TIPP: Den Antrag auf Leistungen der Pflegevesicherung rechtzeitig stellen

Häufig wird erst zu spät ein Antrag auf Pflegeleistungen bei der Kasse gestellt. Es sollte so früh wie möglich ein Antrag gestellt werden, denn gesetzliche Leistungen der Pflegeversicherung werden nur bei einem anerkannten Pflegegrad erstattet. Diese Voraussetzung entscheidet in einigen Fällen bereits darüber ob eine Pflege durch Angehörige zu Hause oder durch professionelle Pflege in einer Pflegeeinrichtung erfolgt.

Warum gibt es seit dem 01.01.2017 einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff?

Wiederkehrende Kritik an dem bis 31.12.2016 geltenden System zur Einteilung in eine der drei Pflegestufen hat dazu beigetragen einen neuen und deutlich weiter gefassten Pflegebedürftigkeitsbegriff einzuführen.

Denn nach dem alten System wurden Pflegebedürftige nur im Hinblick auf ihre krankheitsbedingten oder altersbedingten körperlichen Einschränkungen begutachtet. Kognitive und seelische Einschränkungen etwa aufgrund von psychischen Erkrankungen wie Demenz, Depression oder geistigen Behinderungen wurden bei der Begutachtung nicht berücksichtigt.

Der Gesetzgeber hat genau festgelegt, wann eine Pflegebedürftigkeit vorliegt. Nach der neuen Definition von Pflegebedürftigkeit werden anstatt des Zeitaufwands der rein körperlichen Einschränkungen die gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sowohl körperliche, geistige als auch psychische Komponenten betrachtet, die der Hilfe durch andere Menschen bedürfen.

Körperliche, kognitive und psychische Beeinträchtigungen werden nun gleichermaßen berücksichtigt.

Zukünftig werden die Beeinträchtigungen der Fähigkeiten und die Selbständigkeit bei insgesamt 88 Kriterien begutachtet, wovon 64 Einzelkriterien der Module 1-6 am Schluss gewertet werden. Bisher wurde der Hilfebedarf bei 30 Einzelverrichtungen zeitlich eingeschätzt sowie bei 13 weiteren Kriterien im Rahmen der Prüfung des Vorliegens eingeschränkter Alltagskompetenz.

Für Ratsuchende Pflegebedürftige oder pflegende Angehörige dürfte es noch schwieriger werden, die im Rahmen der Begutachtung ermittelten Punktzahlen und damit das Gesamtergebnis nachzuvollziehen.

Wie erfolgt(e) der Übergang von den alten Pflegestufen zu den neuen Pflegegraden?

(§ 140 SGB XI Überleitung in die Pflegegrade)

Alle Personen, die bereits am 31. Dezember 2016 Leistungen aus der Pflegeversicherung bezogen haben (Pflegebedarf unterhalb der Pflegestufe 1, Pflegestufe bzw. erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz), wurden durch ihre Pflegekasse automatisch von der Pflegestufe in den jeweiligen Pflegegrad übergeleitet. Bei der Überleitung gelten die folgenden Regelungen.

Versicherte mit körperlichen Einschränkungen wurden in den nächsthöheren Pflegegrad übergeleitet:

  • Versicherte mit der Pflegestufe I in den Pflegegrad 2
  • Versicherte mit der Pflegestufe II in den Pflegegrad 3
  • Versicherte mit der Pflegestufe III in den Pflegegrad 4

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Anhand welcher Kriterien stellt der Medizinische Dienst der Krankenver-sicherung (MDK) oder MEDICPROOF eine Pflegebedürftigkeit fest?

Die Einstufung erfolgt nach Ihrer Antragstellung bei der Ihrer Pflegekasse auf Basis einer Begutachtung durch Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) oder bei privat versicherten Antragstellern durch das Unternehmen MEDICPROOF während eines Gesprächstermins bei Ihnen zuhause.

Die Ermittlung des Grads einer Pflegebedürftigkeit ist ein komplexes Vorgehen. Die Begutachtung dient der Feststellung einer Pflegebedürftigkeit und der Anerkennung eines Pflegegrades von 0 bis 5 mit Ansprüchen auf bestimmte Pflegeleistungen.

Die Einordnung in einen Pflegegrad hängt davon ab, wie selbstständig oder unselbstständig die betroffene Person in wesentlichen Lebensbereichen ist. Neben physischen finden auch kognitive, psychische und soziale Problemlagen Berücksichtigung.

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Anhand welcher Kriterien stellt der Medizinische Dienst der Krankenver-sicherung (MDK) oder MEDICPROOF eine  Pflegebedürftigkeit bei Kindern fest?

Die Feststellung von Pflegebedürftigkeit bei Kindern folgt grundsätzlich den gleichen Prinzipien wie bei Erwachsenen. Auch bei Kindern bemisst sich die Pflegebedürftigkeit danach, wie selbstständig ein Kind ist und in welchem Umfang Fähigkeiten vorhanden sind. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass Erwachsene im Laufe ihres Lebens durch Krankheit und Behinderung Fähigkeiten und Selbstständigkeit verlieren, Kinder hingegen müssen Fähigkeiten und Selbstständigkeit erst schrittweise entwickeln.

Bei der Beurteilung von Pflegebedürftigkeit von Kindern werden die Selbstständigkeit bzw. die Fähigkeiten des pflegebedürftigen Kindes mit denen eines gesunden, gleichaltrigen Kindes verglichen. Dieser Beurteilungsgrundsatz gilt grundsätzlich für Kinder aller Altersgruppen mit Ausnahme pflegebedürftiger Kinder im Alter von bis zu 18 Monaten.

Ab einem Alter von elf Jahren kann ein Kind in allen Bereichen, die in die Berechnung des Pflegegrads eingehen, selbstständig sein. Für Kinder in diesem Alter gelten dann dieselben pflegegradrelevanten Berechnungsvorschriften wie bei Erwachsenen.

 

Wie stelle ich den Antrag auf einen Pflegegrad bei der Pflegekasse?

Als erstes kontaktieren Sie die Pflegekasse Ihres Angehörigen um einen Antrag zu stellen. Die Pflegekassen sind den Krankenkassen angegliedert. Je nach Kasse können Sie den Antrag telefonisch, schriftlich oder per E-Mail stellen. Aus Beweisgründen ist es ratsam, Anträge stets schriftlich einzureichen. Sie sollten sich den Eingang bestätigen lassen oder den Antrag per Fax stellen. Faxdienste bieten die meisten Copy-shops an. Falls Sie den Antrag mündlich stellen, notieren Sie sich den Ansprechpartner, das Datum und die Uhrzeit. Weiterhin sollte ein Zeuge anwesend sein.

Viele Kassen geben eigene Antragsformulare aus, die Sie dann in den meisten Fällen in 3-5 Arbeitstagen erhalten . Sobald Ihnen die Pflegekasse das Antragsformular zugeschickt hat, füllen Sie es am besten zusammen mit einem Pflegeberater aus. Pflegeberater kennen die entsprechenden Fachausdrücke und wissen welche konkrete Hilfestellung benötigt wird. Grundsätzlich muss der Versicherte unterschreiben. Sollte er dazu nicht in der Lage sein, unterschreibt ein Vollmachtnehmer. Das Formular ggf. mitsamt der Vollmacht senden Sie dann unterschrieben an die Pflegekasse zurück.

Nachdem Sie den Antrag gestellt haben prüft ein beauftragter Gutachter vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder bei privat Versicherten das Unternehmen MEDICPROOF die Situation Ihres Angehörigen in der Regel vor Ort, ob Pflegebedürftigkeit und ein daraus resultierender Pflegegrad vorliegt. Das Gutachten geht automatisch an die Pflegekasse, die über den Antrag entscheidet. Fünf Wochen nach Eingang des Antrags muss der Bescheid bei Ihnen vorliegen.

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) oder MEDICPROOF kommt zu mir nach Hause. Wie kann ich mich vorbereiten?

Zu empfehlen ist das Ausfüllen eines Pflegetagebuches bereits vor der Begutachtung. Mindestens eine Woche lang sollten Sie das Tagebuch führen damit Sie im Wochenverlauf eine genaue Einschätzung des Hilfe- und Unterstützungsbedarfs erhalten. Das Tagebuch zeigen Sie dann dem Gutachter.

Darüber hinaus können Sie über einen Pflegegradrechner Ihren voraussichtlichen Pflegegrad ermitteln. Sie erhalten dadurch eine erste Einschätzung des Hilfe- und Unterstützungsbedarfs. Das Ergebnis können Sie ebenfalls dem Gutachter mitteilen.

Ich empfehle bereits vor dem Termin der Begutachtung eine Pflegeberatung in Anspruch zu nehmen damit Sie zusammen mit dem Berater die in Ihrem Fall vorliegenden Einschränkungen dokumentieren. Auf Wunsch können Sie den Pflegeberater auch zur Begutachtung einladen. Er kann darauf aufpassen, dass alle Einschränkungen fachlich besprochen und dokumentiert werden.

 

Wie finde ich einen geeigneten Pflegedienst oder Heimplatz?

Vor Beginn einer Suche nach einem Pflegedienst oder Pflegeheim sollte feststehen, was Ihnen wichtig ist. Wichtige Kriterien sind etwa welche Kosten Sie tragen können oder die Nähe zum Wohnort. Checklisten bieten Ihnen dabei eine wichtige Hilfestellung. Achten Sie bei der Suche, dem Vergleich und der Auswahl darauf ausreichend Zeit einzuplanen.

Über Datenbanken im Internet können Sie nach regionalen Anbietern suchen. Ein seriöser Anbieter eines Vergleichportals von bundesweit 1.100 Einrichtungen ist das Heimverzeichnis der Gesellschaft zur Förderung der Lebensqualität im Alter und bei Behinderung. Im Heimverzeichnis werden die Einrichtungen mit dem Qualitätssiegel Grüner Haken gekennzeichnet, ein anerkannter Hinweis für eine gute Lebensqualität im Alter. Das Informationsportal des Verbands der Ersatzkassen (vdek) Pflegelotse bietet ebenfalls entsprechende Suchfunktionen an.

Die Datenbank für soziale und gesundheitliche Hilfe in Berlin, genannt Hilfelotse-berlin.de, bietet eine Suche bezogen auf einrichtungen und weitere darüberhinausgehende Hilfsangebote in Berlin an. Mehr Informationen erhalten Sie auf den Seiten der einzelnen Anbieter selbst oder durch die Zusendung von Informationsmaterialien. Auf die Pflegenoten der Medizinischen Dienste der Krankenkassen (MDK) ist dagegen kein Verlass.

Besuchen Sie unbedingt die ausgewählten Einrichtungen und Pflegedienste. Grundsätzlich geht das auch unagemeldet. Sprechen Sie mit dem Personal und Bewohnern. Sprechen Sie auch Bekannte, Ärzte und andere Gesundheitsarbeiter an. Eine Checkliste hilft dabei Punkt für Punkt relevante Kriterien bei der Besichtigung und Bewertung der Anbieter festzuhalten.

Gibt es Hilfe wenn mein Angehöriger im Krankenhaus pflegebedürftig wird?

Jedes Krankenhaus muss sich um die lückenlose Nachsorge Ihrer Patienten kümmern. Es geht im Grundsatz darum, dass Sie auch nach ihrer Entlassung medizinisch gut versorgt werden. Alle dafür nötigen Maßnahmen fallen unter das sogenannte Entlassmanagement.

Falls im Krankehaus eine Pflegebedürftigkeit ersichtlich wird kann bereits vor Ort ein Antrag auf einen Pflegegrad oder eine Reha gestellt werden. In die Wege leiten muss dies das jeweilige Krankenhaus durch Mitarbeiter des Sozialdienstes oder der Pflegeüberleitung. Sie helfen auch bei der Organisation von Hilfsmitteln. Häufig bestehen zudem Kontakte zu Pflegediensten. Die Wahlfreiheit von Diensten darf dabei durch das Entlassmanagement nicht eingeschränkt werden.

Sind Sie unsicher, wer sich um Ihr Entlassmanagement kümmert, wenden Sie sich an den behandelnden Arzt oder an den Sozialdienst des Krankenhauses. Falls Probleme bestehen können Sie den zuständigen Patientenfürsprecher des Krankenhauses hinzuziehen.

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Pflegeberatung

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Care und Case Management

Seit 2009 bietet die Pflegeversicherung bei bestimmten Lebenssituationen in Fällen einer besonders komplexen Pflegesituation, bei der die Anliegen auf Seiten der Betroffenen nicht eigenständig gelöst werden können, einen Rechtsanspruch auf Care und Casemanagement innerhalb einer Pflegeberatung nach § 7a SGB XI.